Die Rolle von Linus Bruhin ist nicht mehr zu toppen!
Nachdem Linus Bruhin die Einsprache der 30 Nuoler ohne ihr Einverständnis und ohne sie zu informieren zurückgezogen hat kam folgendes zu Tage: Bruhin bestätigt schriftlich, von der KIBAG AG Fr. 12’000.- für seine Anwaltskosten erhalten zu haben. Er schreibt auch, dass „das gefundene Arrangement mehr als eine Absprache mit der Kibag umfasste“, dass er „keine formelle Schlussabrechnung erstellt“ habe und dass weder eine schriftliche Vereinbarung mit der Kibag bestehe, noch eine Zahlungsquittung ausgestellt worden sei. Auch bestätigt die KIBAG AG gegenüber Vertretern der Obersee Nachrichten, dass RA Bruhin von der KIBAG AG mit Fr. 12’000 für seine Anwaltsaufwände bezahlt wurde.
Eine skandalöse Geschichte nimmt seinen Lauf:
Am 22./25.8.2008 erlässt der Gemeinderat von Wangen/SZ einen sog. Öffentlich-rechtlichen Vertrag mit der Firma KIBAG, in welchem der Gemeinderat die Gemeinde mehrheitlich absichtlich und in vollem Wissen darum in Nachteil setzt. Der Vertrag wurde zudem missbräuchlich erstellt in der irrigen Meinung, dadurch u.a. Diverse Einsprecher-Rechte aus der Welt schaffen zu können. Der Vertrag ist auch aus anderen Gesichtspunkten vollständig NICHTIG.
Vorausgegangen war per 6.5.1999 eine Einsprache von 30 Einwohnern in Nuolen, vertreten durch RA Linus Bruhin in Nuolen, gegen eine Verlängerung der Bewilligung für den Abbau und die Auffüllung der Kiesgruben der Kibag in den Gebieten Bachtellen und Rütihof.
Rechtsanwalt Linus Bruhin hatte aber – von seinen damit verratenen Klienten unbemerkt – inzwischen die Seite gewechselt und im Verbund mit der gegnerischen KIBAG sowie dem Gemeinderat Wangen/Nuolen einen völlig gesetzwidrigen und Standes-ungemässen Deal eingefädelt. Mit Schreiben vom 15.9.2008 teilte er seinen 30 vermeintlichen Klienten mit, er habe die 30 Einsprachen am 12.9.2008 zurückgezogen, mit der Belehrung, es habe eine „Lösung mittels eines öffentlich-rechtlichen Vertrags“ gefunden werden können, welche die hauptsächlichen Anliegen von uns als damalige Einsprecher aufnimmt und auch von der Kibag akzeptiert werden kann.(…) Mit diesem Ergebnis der Verhandlungen werden somit die zentralsten Punkte unserer Einsprache vom 6. Mai 1999 aufgenommen. Damit haben diese ihren Zweck bestmöglichst erfüllt. (…) Aus diesen Gründen habe ich nach Rücksprache mit Vertretern des Gemeinderates Wangen unsere beiden Einsprachen am 12. September 2008 wieder zurückgezogen. Ebenso konnte ich auch ein Arrangement betreffend meiner Aufwände treffen, so dass die Einsprecher nicht mit weiteren Kosten belastet werden.“
Das erwähnte „Arrangement“ präzisierte RA Bruhin später so, seine anwaltlichen Bemühungen seien durch eine „anonyme Spende“ beglichen worden. Die „Obersee Nachrichten“ vom 21.1.2008 kamen der Wahrheit mit einem Bericht noch etwas näher: Beim „edlen Spender“ handle es sich – gemäss mündlicher Bestätigung durch RA Bruhin – um niemand anders als um die Gegenpartei, nämlich um die behördlich und anwaltlich begünstigte KIBAG. Zu den hängigen Einsprachen von 30 Nuoler Anwohnern führt der besagte „öffentlichrechtliche Vertrag“ u.a. aus, diese würden „bei Erlass der Verlängerungsbewilligungen abgewiesen, soweit sie dieser Vereinbarung widersprechen.“
Mit Schreiben vom 16.9.2008 entziehen daraufhin zwei Einsprecher RA Bruhin ihre Vollmachten/ihre Mandate für die weitere Vertretung ihrer Rechte per sofort. Gleichzeitig erklären sie, mit seinem Einspracherückzug vom 12.9.2008 nicht einverstanden zu sein und ihre Einsprachen vom 6.5.1999 selbstverständlich aufrecht zu erhalten. Ein Schreiben mit dem gleichen Inhalt ergeht auch an den Gemeinderat. In einem Antwort-Brief vom 22.9.2008 äussert sich RA Bruhin dahin, dass er über den Inhalt des „öffentlich-rechtlichen Vertrages“ „auch nicht mehr“ wisse als das, was „in den Berichten der Lokalzeitungen“ stehe. Nor so viel: Eine weitere Aufrechterhaltung würde „lediglich“ noch verfahrenstechnische Fragen aufwerfen, „welche eine baldige Erledigung noch weiter verzögern“ würden.
Straftat durch Rechtsanwalt Linus Bruhin?
Zu dieser Geschichte sollten folgende Paragraphen im Strafgesetzbuch beachtet werden:
§ 356 StGB Parteiverrat
§ 358 StGB Nebenfolgen
Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten wegen einer Straftat nach den §§ 332, 335, 339, 340, 343, 344, 345 Abs. 1 und 3, §§ 348, 352 bis 353b Abs. 1, §§ 355 und 357 kann das Gericht die Fähigkeit , öffentliche Ämter zu bekleiden (§ 45 Abs. 2), aberkennen.
Aus einem Grundsatz-Artikel von Andreas Baumann (Interessenkonflikte des Rechtsanwaltes) wird folgendes herausgehoben:
«Die Rechtsanwälte meiden jeden Konflikt zwischen den Interessen ihrer Klientschaft und den Personen, mit denen sie geschäftlich oder privat in Beziehung stehen.»
Die Rechtsanwälte sind Garanten der Rechtsstaatlichkeit. Zu ihren drei Grundwerten gehören:
– die anwaltliche Unabhängigkeit
– das anwaltliche Berufsgeheimnis
– das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen.
Das Verbot, widerstreitende Interessen zu vertreten, fand in Deutschland in § 356 StGB Eingang. Danach wird ein Anwalt oder ein anderer Rechtsbeistand, welcher bei den ihm in dieser Eigenschaft anvertrauten Angelegenheiten in derselben Rechtssache beiden Parteien durch Rat oder Beistand pflichtwidrig dient, mit einer Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Normzweck dieser Bestimmung ist der Schutz der Rechtspflege. Leistet ein Anwalt pflichtwidrig dem Gegner seines Mandanten rechtskundigen Beistand, ist er der Diener zweier Herren und untergräbt das Vertrauen der Allgemeinheit in die Integrität der Anwaltschaft.
Das Verbot der Interessenkollision der Rechtsanwälte stützt sich einerseits unmittelbar auf Art. 398 Abs. 2 OR. Das berufsrechtliche Verbot, gegenläufige Interessen zu vertreten, ergibt sich aus der auftragsrechtlichen Sorgfalts- und Treuepflicht. Der Beauftragte muss den Interessen des Auftraggebers gegenüber allen anderen Belangen stets den Vorrang einräumen. Die Regel verweist auf Personen, mit denen der Anwalt geschäftlich oder privat in Beziehung steht. Die Richtlinien des SAV (Schweizerischer Anwalts-Verband) verdeutlichen in ihrem Artikel 11, dass auch ein Konflikt mit den eigenen Interessen des Anwaltes zu meiden ist. Indem das BGFA verlangt, jeden Interessenkonflikt zu meiden, will es in einem weiten Sinn verstanden sein. Der Anwalt kann nicht der Diener zweier Herren sein. Er hat sich klar für den einen der beiden zu entscheiden oder sich ganz aus der Sache herauszuhalten.
Darüber hinaus kann der Rechtsanwalt strafrechtlich belangt werden, wenn er Dritten Kenntnisse offenbart, die ihm zufolge seines Berufes anvertraut worden sind (Art. 321 StGB).
Die weitgefasste (…) Berufsregel, wonach Rechtsanwälte jeden Konflikt vermeiden zwischen den Interessen ihrer Klientschaft und den Personen, mit denen sie geschäftlich oder privat in Beziehung stehen, ergänzen die Standesregeln des SAV dahingehend, dass auch kein Interessenkonflikt mit den eigenen Interessen des Anwaltes bestehen darf. Ein Rechtsanwalt darf kein Mandat übernehmen, bei welchem seine persönlichen Interessen mit jenem des Klienten in Konflikt geraten. Keimen Eigeninteressen – wie etwa wirtschaftliche Interessen – auf, geht der Rechtsanwalt seiner Unabhängigkeit verlustig. Er agiert dann unfrei und kann nicht mehr bestmöglich die Interessen des Mandanten wahrnehmen. Klargestellt wird schliesslich, dass das Mandat gegenüber allen betroffenen Mandanten niedergelegt werden muss, wenn die Gefahr der Verletzung des Berufsgeheimnisses besteht oder die Unabhängigkeit beeinträchtigt zu werden droht.
Klare definition von Interessenkonflikt.
Ein Interessenkonflikt liegt vor, wenn jemand die Wahrung fremder Interessen übernommen hat und dabei Entscheidungen zu treffen hat, mit denen er sich potenziell in Konflikt zu eigenen oder anderen ihm zur Wahrung übertragenen Interessen begibt.
Die mildeste Form eines Interessenkonflikts ist der potenzielle.
Dieser geht von einem Zustand aus, von welchem eine (erhöhte) Gefahr möglicher Interessenkollisionen ausgeht. Ein konkreter Konflikt ist dabei noch nicht vorhanden bzw. die Voraussetzungen dafür sind noch nicht eingetreten. Der latente Interessenkonflikt beschreibt Situationen, bei denen divergierende Interessen zwar vorhanden sind, bisher aber noch nicht in Erscheinung getreten sind. Der akute Interessenkonflikt beinhaltet eine ernst zu nehmende Gefahr für die Interessen des Mandanten. Er liegt vor, wenn der Rechtsanwalt eine konkrete Handlung vorzunehmen hat, bei welchem die Interessen des Auftraggebers von denjenigen eines Dritten oder des Anwaltes selbst abweichen. Die Begriffe punktueller und permanenter Interessenkonflikt zeigen auf, mit welcher Häufigkeit Konflikte, die zu einer tatsächlichen Gefährdung von Mandanteninteressen führen können, im konkreten Fall auftreten.
Der Rechtsanwalt darf widerstreitende Interessen nicht vertreten, wenn sie aus demselben Sachverhalt gegenläufig abzuleiten sind. Überschneidet sich der Sachverhalt, mit welchem der Anwalt befasst war oder ist, mit den daraus resultierenden materiellen Rechtsverhältnissen auch nur teilweise mit dem Tatsachenkomplex, welcher Gegenstand der Beratung oder Vertretung eines anderen Klienten sein soll, so muss er bei Vorliegen widerstreitender Interessen das Mandat ablehnen. Ein Rechtsanwalt dient auch dann pflichtwidrig beiden Parteien, wenn er im Rahmen beider Mandate denselben Rechtsstandpunkt zu dem ihm anvertrauten Sachverhalt vertritt, dies aber den Interessen des ersten Mandanten zuwiderläuft.
Ein Blick in ausländische Rechtsordnungen, in denen das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen ebenfalls als zentrale Pflicht angesehen wird, zeigt beispielsweise im angloamerikanischen Recht, dass dort das Kriterium «derselben Rechtssache» bzw. Der «same or connected matter» erweitert wird auf die Frage nach dem Besitz vertraulicher Informationen. (…) Besitzt er allerdings solch sensible Informationen, ist er disqualifiziert.
Unter der Vertretung widerstreitender Interessen ist jede berufliche Tätigkeit des Anwaltes zu verstehen, nicht nur die prozessuale oder aussergerichtliche Vertretung, sondern auch die Beratung und jede andere Beistandsleistung.
Widerstreitende Interessen können auch durch Unterlassen vertreten werden. Die Nichteinlegung eines Rechtsmittels, die Versäumung einer Frist oder der unvollständige Sachvortrag verstossen …
Massgebend ist der Anschein möglicher Befangenheit und damit die Möglichkeit des Bestehens eines Interessenkonflikts, und zwar auch selbst dann, wenn der Klient seine Zustimmung zur Mandatsübernahme erteilen sollte. Ob tatsächlich eine Kollision der Interessen vorliegt, ist nicht relevant, da der objektiv begründete Anschein einer solchen genügt. Unerheblich ist, ob die Interessen des Mandanten verletzt worden sind oder nicht. Es soll bereits verhindert werden, dass der Mandant das Gefühl bekommt, seine Interessen würden ungenügend gewahrt. Die Einhaltung des Berufsgeheimnisses kann der Mandant selbst nicht überwachen. Das Ansehen der Anwaltschaft und die Integrität der Rechtspflege gebieten deshalb, bereits bei einer Vermutung einer Interessenkollision das Mandat niederzulegen. Oftmals kann nicht von Anfang an mit erheblicher Sicherheit vorausgesagt werden, ob eine Interessenkollision effektiv eintritt oder nicht. Eine Prognose zur Beantwortung dieser Frage kann unterschiedlich ausfallen, je nach Standpunkt. Aufgrund dieser Unsicherheiten hat die bisherige Praxis zum kantonalen Anwaltsrecht eine objektivierte Betrachtungsweise angewendet und schon den Anschein einer Interessenkollision genügen lassen, um eine unzulässige Mandatsführung anzunehmen. Das Bundesgericht hält fest, dass zur Vermeidung jeglicher Konfliktsituation im Zweifelsfall von einer solchen auszugehen ist.
Das Gebot zur Vermeidung von Interessenkonflikten liegt im öffentlichen Interesse und kann nicht durch Einwilligung der Parteien aufgehoben werden. Grundsätzlich beseitigt die Einwilligung des Mandanten die pflichtwidrige Vertretung widerstreitender Interessen nicht, wie es andererseits auch nicht darauf ankommt, ob die Mandanten einen Schaden erleiden.
Also bis zu 6 Monate Haft für Rechtsanwalt Linus Bruhin?
Wahrscheindlich nicht: Strafmindernd dürfte sich allenfalls die lange Geduld des Angeschuldigten auswirken, hatte er die 30köpfige Mandantschaft aus seinem Wohnort Nuolen doch während 9 Jahren unauffällig und klaglos vertreten, ohne gleich fundamentalen Parteiverrat zu begehen. Das Gericht könnte ihn deshalb bloss zu einer Busse verurteilen, da er den unzimperlichen Pressionsversuchen der KIBAG so lange männiglich Stand gehalten hat.